Für immer 13

Die Zeit

Warum wir uns an keine Musik so intensiv erinnern wie an die Hits unserer Teenie-Zeit – selbst wenn uns die Melodien heute peinlich sind.

Meine erste Schallplatte war Lola von den Kinks. Ich war zwölf Jahre alt, und wenn heute die ersten beiden Akkorde im Radio erklingen, gespielt auf einer blechern klingenden Resonator-Gitarre, dann ist das wie eine Zeitmaschine. Sie versetzt mich zurück in mein Jugendzimmer und zu dem alten Mono-Plattenspieler meiner Eltern. Ähnlich ist es mit vielen anderen Songs aus den frühen Siebzigern. Zwar versuche ich, offen für neue musikalische Erfahrungen zu sein, aber diese enge Verbindung von Musik, Gefühl und Erinnerung ist fast ausschließlich beschränkt auf eine bestimmte Phase meines Lebens, zwischen zwölf und vielleicht 27 Jahren.

weiterlesen

Doppelmoral im Silicon Valley

Deutschlandfunk Kultur

Die Autorin Anna Wiener beschreibt in ihrem autobiografischen Buch Uncanny Valley, wie in der Tech-Branche Anspruch und Wirklichkeit aufeinander prallen.

Mit Mitte 20 kam Anna Wiener von New York nach San Francisco und heuerte als Kundendienstmitarbeiterin bei einem Startup an. Ihre Biografie liest sich fast wie die Beschreibung eines Kults, aus dem sie sich nach 5 Jahren (und mit 200.000 Dollar auf der Bank) befreit hat.

Ich habe Anna Wiener interviewt und ihr Buch für das Literaturmagazin „Lesart“ rezensiert.

Zum Radiobeitrag

«Im Flow ist kein Platz für Grübeleien»

Credo

Der Begriff Flow bezeichnet in der Psychologie den Zustand, den wir erreichen, wenn wir in einer herausfor- dernden Tätigkeit voll aufgehen und alles um uns herum vergessen. Geprägt hat ihn Mihaly Csikszentmihalyi.

In seinem Haus in Los Angeles erklärt der ungarisch-amerikanische Forscher die Historie seiner Idee – und welche Rolle dabei Einfachheit und Komplexität spielen.

Herr Csikszentmihalyi, wie und wann sind Sie auf das Konzept des Flows gekommen?

Das muss beim Bergsteigen gewesen sein, in Italien, noch bevor ich in die USA emigriert bin. Ich bin eine Menge geklettert: in den Alpen, in der Schweiz, Österreich und Italien. In Chicago war alles völlig flach, dann habe ich die Grand Tetons entdeckt. Ich bin im Sommer in einen Zug oder Bus gestiegen und nach Colorado und Wyoming gefahren, um zu klettern. Dann habe ich angefangen, in Zeitschriften übers Klettern zu schreiben – als eine sportliche Erfahrung, aber auch als einen Weg, sich selbst zu entdecken und mit dem Leben klarzukommen.

Ich glaube, der Begriff Flow war sehr wichtig für den Erfolg Ihrer Idee.

Es war zuerst nur ein Gefühl. Als ich dann einmal in einem Fluss in Nordkalifornien geschwommen bin, kam mir der Gedanke: Oh, das ist genau das Gefühl, das ich beim Klettern habe. Seitdem nenne ich es die Flow-Erfahrung, es war eine natürliche Analogie.

 


weiterlesen

Der Irrsinn und die Abfalleimer


Die Zeit

Von Christoph Drösser und Max Rauner

In der kommenden Woche startet eine große Kampagne, um die Deutschen zu besseren Mülltrennern zu erziehen. Dabei krankt unser Recyclingsystem an ganz anderen Problemen. Das Beispiel USA zeigt, wie es besser geht.

„Papa, kommt die alte Zahnbürste in den gelben Sack? Und das Wattestäbchen hier? Die Shampooflasche aber schon, oder?“ Wer im Landkreis Euskirchen wohnt, hat diese Fragen wahrscheinlich schon gehört – im Radio. Denn so begann im April vergangenen Jahres die Testkampagne „Mülltrennung wirkt!“, mit der die Euskirchener zur besseren Mülltrennung erzogen werden sollten. Nun soll die lokale Aktion im ganzen Land ausgerollt werden.

Ist das nötig? 95 Prozent der Bevölkerung geben doch in Umfragen an, den Müll zu trennen. Kommunen verteilen Infoflyer zum Abfallwesen in 13 Sprachen. Die deutsche Abfallindustrie feiert sich als Recycling-Weltmeister. Alle hassen Plastik.

Andererseits: Alle kaufen Plastik. Und von der viel beschworenen Kreislaufwirtschaft ist Deutschland weit entfernt. Neu-Plastik besteht nur zu rund zwölf Prozent aus Recyclingmaterial. Und vor einigen Wochen vermeldete das Umweltbundesamt: Die Menge an Verpackungsmüll in Deutschland ist mal wieder angestiegen, auf nunmehr 226 Kilo pro Kopf, 23 Prozent mehr als im Jahr 2000. Die Hälfte davon fällt in Privathaushalten an. Und dort geraten Verpackungen, Restmüll und Küchenabfälle oft durcheinander. In den gelben Säcken und Tonnen landen 40 bis 60 Prozent Fehlwürfe, klagt die Entsorgungsbranche.

weiterlesen

Im unheimlichen Tal der sprechenden Maschinen

Zeit Online

Wenn Kunst an den Ort kommt, dessen Technologien sie kritisiert: Eine Ausstellung in San Francisco befasst sich mit KI. Die wird unweit im Silicon Valley entwickelt.

Wenn Kunst von künstlicher Intelligenz handelt, nennt man es üblicherweise Science-Fiction. Romane, Filme, Fernsehserien, aber auch bildende Kunst erzählen seit Langem davon, dass die Maschinen immer schlauer werden. Das hat in der Fiktion meist katastrophale Folgen.

Science-Fiction jedoch war es gerade nicht, die Claudia Schmuckli, Kuratorin am De Young Museum in San Francisco, im Sinn hatte, als sie nach Exponaten für die Ausstellung Uncanny ValleyBeing Human in the Age of AI suchte. „Diese futuristischen Visionen sind extrem wichtig und haben auch unsere Vorstellungen von künstlicher Intelligenz geformt, seit diese Mitte der Fünfzigerjahre ein Thema wurden“, sagt Schmuckli. Sie jedoch habe interessiert, ob es in der Kunst nicht auch Ideen von künstlicher Intelligenz (KI) gebe, die in der heutigen Realität fußen

Dazu gibt es auch einen Radiobeitrag beim Deutschlandfunk/Corso.

„Es ist nichts Innovatives, wenn man die Leute unterbezahlt“

Zeit Online

Kalifornien wollte die Firmen Uber und Lyft zwingen, ihre Fahrer fest anzustellen. Heraus kam ein Gesetz, das viele Freiberufler in anderen Branchen zu ruinieren droht.

Die sogenannte Gig Economy ist ein Paradies für den Verbraucher: Per Handy-App ruft man sich ein Auto von Uber oder Lyft, wird für einen Bruchteil der Kosten einer Taxifahrt an sein Ziel gebracht, muss nicht im Portemonnaie nach Kleingeld suchen, die Bezahlung samt Trinkgeld wird über die App abgewickelt. Der Kunde ist König.

Aber sind die Fahrer nicht auch besser dran als ihre Kollegen, die in herkömmlichen Jobs bei einem Taxiunternehmen beschäftigt sind? Sie müssen keine Schichten schieben, sondern setzten sich in ihr Auto und loggen sich ein, wann und wo immer sie Lust haben. Ob sie fünf Stunden pro Woche arbeiten oder achtzig, bleibt ihnen selbst überlassen. Als selbstständige Unternehmer müssen sie sich von niemandem sagen lassen, was sie zu tun haben.

Das klingt zu schön, um wahr zu sein – und das ist es auch, glauben kalifornische Politiker. Der Senat des Staates hat ein neues Gesetz verabschiedet, Kürzel „AB 5“, seit dem 1. Januar 2020 ist es mit der scheinbaren Selbstständigkeit der Fahrer von Personen- und Kurierdiensten aus. Die meisten von ihnen sollen nun von ihren Arbeitgebern fest angestellt werden – mit allen Vor- und Nachteilen, die das bringt

Der Soundtrack des Lebens – Wie wir uns an Musik erinnern

SWR2

„Schatz, sie spielen unser Lied!“ – Wohl jeder hat es schon einmal erlebt, dass eine Melodie mit einem Schlag Erinnerungen weckt. Nicht nur an die Musik selbst, sondern an die Gefühle, die wir mit ihr verbinden.

Wir alle speichern Tausende von Melodien im Gehirn. Diese Erinnerungen sind erstaunlich präzise und binnen Millisekunden abrufbar, und sie gehören zu den letzten, die Alzheimer-Patienten noch haben. Wie funktioniert dieses musikalische Gedächtnis?

Ein musikalisches Feature bei SWR2 Wissen.

Das Manuskript als PDF

Der Weihnachtsmann bringt die Geschenke – stimmt’s?

Die Zeit, 26.12.1997

Diese Kolumne habe ich vor 22 Jahren für die „Zeit“ geschrieben. Es war der vorläufige Abschluss einer 28-teiligen Serie. Aber wir baten die Leser darum, weitere Fragen einzusenden – bis heute sind über 1100 weitere Kolumnen erschienen.

Stimmt. Es gibt natürlich die ewig besserwissenden Zeitgenossen, die meinen, mit hochwissenschaftlichen Argumenten gegen Kinderträume angehen zu müssen. Im Internet, das ja bekanntlich hauptsächlich von phantasielosen Naturwissenschaftlern bevölkert wird, kursiert ein anonymes Pamphlet mit dem Titel „Gibt es den Weihnachtsmann?“ Darin werden schwerwiegende Argumente gegen die Existenz des guten Mannes vorgebracht. Unter der Annahme, daß der Weihnachtsmann am Weihnachtstag 91,8 Millionen christliche Haushalte zu besuchen hat, müßte er 822,6 Familien pro Sekunde beglücken, er hat also für jede Familie eine gute Tausendstelsekunde Zeit.

weiterlesen

„Das Internet wird vielfach als Sündenbock missbraucht“

Zeit Online

(Dies ist die Langfassung des Interviews, das ich mit Tim O’Reilly geführt habe. Sie enthält einige Passagen, die aus der Fassung von Zeit Online herausgekürzt wurden – ich fand sie interessant genug, um sie hier zu dokumentieren.)

Ist das Internet kaputt? Nein, sagt der Webvordenker Tim O’Reilly. Er glaubt immer noch an das Gute im Netz. Ein Gespräch über Geparden, Elefanten und Donald Trump

Er gilt als „Orakel des Silicon Valley“: Tim O’Reilly hat Begriffe wie „Open Source“ oder „Web 2.0“ populär gemacht. Als Gründer und CEO des Computerbuchverlags O’Reilly Media hat er mehrere Bücher verfasst – unter anderem über Windows, Twitter und Unix. In seinem jüngsten Werk „WTF? What’s the Future and Why It’s Up to Us“ beschäftigt er sich mit der Zukunft und der „nächsten Ökonomie“. ZEIT ONLINE hat ihn getroffen und mit ihm über den Hype um künstliche Intelligenz (KI), datenbasierte Politik und den Zustand des Internets gesprochen.

Herr O’Reilly, würden Sie lieber von einem Präsidenten wie Donald Trump regiert oder von einer künstlichen Intelligenz?

Das kommt auf die KI an genauso wie auf die Person.

Warum?

Genauso, wie es viele Arten von Lebewesen gibt, wird es wahrscheinlich auch viele Arten von KI geben. Und sie werden unterschiedliche Begabungen haben. Ein Pferd oder ein Gepard rennen ja auch schneller als wir Menschen, trotzdem können wir andere Dinge besser als sie. Also müssen wir eher über spezifische Fähigkeiten reden.

Zum Beispiel?

weiterlesen

Macht Musik wirklich klüger?

Die Zeit

Radiobeitrag auf SWR2 Impuls

Ein weiterer Beitrag beim Deutschlandfunk, Forschung Aktuell

Ein englischsprachiger Artikel im Onlinemagazin Undark

Wer ein Instrument lernt, wird dadurch allgemein leistungsfähiger, behaupten viele Studien. Doch an denen muss man zweifeln.

Schlau durch Musik: Das Erlernen eines Instruments fördert nicht nur die Musikalität eines Kindes, sondern auch die abstrakte Vorstellungskraft, seine Mathematik- oder Sprachfähigkeiten. Solche Sätze liest man immer wieder, und tatsächlich behaupten diverse wissenschaftliche Studien, den allgemeinen Bildungseffekt des Musikunterrichts zu belegen – sehr zur Freude von Musiklehrern und bildungsbürgerlichen Eltern. Dabei geht es um sogenannte Transferleistungen unseres Gehirns, also darum, dass Übung auf einem Gebiet die Leistungen auf einem anderen fördert. Meist vergleichen die wissenschaftlichen Untersuchungen Kinder, die Musikunterricht hatten, mit Nichtmusikern. Finden sich Unterschiede, seien diese – so die Schlussfolgerung – durch die Musikstunden zustande gekommen.

Dem kanadischen Psychologen und Komponisten Glenn Schellenberg sind solche Studien ein Dorn im Auge. Denn sie begehen einen klassischen wissenschaftlichen Fehler: Sie verwechseln eine Korrelation (Kinder, die Klavier spielen, sind klüger) mit einer Kausalität (die Kinder sind klüger, weil sie Klavier spielen).

weiterlesen