Die Zeit
Jeder kann das Musizieren lernen, aber nicht jeder gleich schnell. Gibt es doch ein angeborenes Talent?
Wie komme ich zur Philharmonie? – „Üben, junger Mann, üben!“ Der etwas betagte Witz gibt eine Weisheit wieder, die vor allem in populären psychologischen Büchern in den vergangenen Jahren gern verbreitet wurde: Übung mache den Meister, genauer gesagt 10.000 Stunden Übung. Diese Zahl tauchte zuerst 1993 in einer Arbeit des schwedischen Psychologen K. Anders Ericsson auf und wurde popularisiert durch das Buch Überflieger des Journalisten Malcolm Gladwell. Mozart, so Gladwell, absolvierte unter der Fuchtel seines Vaters seine 10.000 Stunden schon im frühen Kindesalter, die Beatles sammelten ihre in den schmuddeligen Kellerbars der Hamburger Reeperbahn.
Davon wollte insbesondere die musikpsychologische Forschung zuletzt wenig wissen, sie betonte vielmehr, dass Musikalität eine allgemeine menschliche Fähigkeit sei. Jetzt aber erregt die Neurowissenschaftlerin Sibylle Herholz vom Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Bonn Aufsehen mit einer Studie, die gerade in der Zeitschrift Cerebral Cortex erschienen ist. Herholz behauptet, einen möglichen Sitz des Talents im Gehirn identifiziert zu haben …